![Bild](http://flamewave.de/ftp/ftp-root/upload/kheldron/Anna%20Passfoto.jpg)
Stimmen.
"Anna... Anna..."
Stimmen voller Leid.
Sie rufen nach mir, verzweifelt.
Doch ich kann nichts für sie tun.
Sie büßen für ihre Sünden.
Sie waren zu gierig.
Und doch:
"Sie leben noch."
Liurroccars Stimme.
Kann sie es spüren?
Aber das ist unmöglich, oder?
Wie können Lebende in der Hölle schmoren?
Lebende dürfen bereuen. Das wäre falsch...
Das Knallen einer Peitsche.
Die Diener Lebans erfüllen ihre Pflicht.
"Anna....."
"Ihr müsst lernen, mehr Initiative zu zeigen."
Eine emotionslose Stimme. Laslo.
Als ob ich die Gruppe anführen würde.
Und kurz darauf wird er mir vorwerfen, zu sehr nach meinen Gefühlen zu handeln.
Aber in diesem Falle könnte er Recht haben.
"...DENN ES GIBT KEINEN AUSGANG."
Eine Stimme, mehr wie ein Donnern.
Der Herr der Berge. Blytindur.
Oder zumindest die Oberseite davon.
Wenn dort unten wirklich die Hölle ist, dann hat er zweifellos Recht.
Es gibt nur einen Zugang: schwer sündigen, und dann sterben.
Das ist der Preis, von dem er sprach.
Und dann kommt niemand mehr heraus.
Niemand hat es je geschafft.
Oder doch?
"Anna..."
Das Knallen der Peitsche.
Siebenschwänzig.
Versetzt mit Salz.
Nein, das ist nicht wahr.
Einer weiß wie es geht.
Und er ist dort unten.
"Anna...!"
Im Augenblick sitzt Anna schweißgebadet und kerzengerade auf ihrer Schlafmatte. Das Knallen der Peitsche hallt noch immer in ihren Ohren nach. Die Felldecken liegen neben ihr, die langen goldenen Haare kleben in ihrem Gesicht. Sie atmet schwer keuchend wie nach einem Kampf.
Ein Traum. Nein. Eher eine Warnung.
Es bleibt nicht mehr viel Zeit.
Die kleine Thronfolgerin ist dort unten, gefangen, hilflos. Die Keltenführerin vielleicht auch. Und viele Tectarier, schon seit Jahrhunderten. Sünder, vielleicht, aber noch am Leben. Und ihre Behausungen, auch irgendwo dort unten, stehen leer. Haben sie einen anderen Weg hinein gefunden? Haben sie sich dort angesiedelt, wo es niemals kalt ist, und werden nun ein bisschen zu sehr wie Einheimische behandelt?
Wie dem auch sei: sie gehören dort nicht hin. Noch nicht. Vielleicht niemals. Irgendjemand muss sie befreien. Der Kristall könnte ein Eingang sein. Jedenfalls mehr als ein Fenster, sagte der eigenartige Wicht. Und Maranos weiß, wie man gewaltsam einen Ausgang schaffen kann. Er hat es schon einmal getan. Aber um dort unten zu bestehen, als Lebender, braucht man mehr als Äxte und Kettenhemden. Man braucht göttlichen Beistand. Und davon hat Anna nicht mehr viel.
Noch immer hört sie die Stimmen ihren Namen rufen.
Doch sie wird ihnen nicht helfen können.
Jedenfalls nicht als Anna.