Paradoxien, wer sie mag

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Tharon
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Beitrag von Tharon » 01 Dez 2005, 16:16

Achilles, der schnellfüßige, unbesiegbare griechische Held, misst sich im Wettrennen mit einer Schildkröte. Weil die Schildkröte um vieles langsamer ist, gibt er ihr einen großen Vorsprung. Um sie nun einzuholen, muss Achilles aber erst den Punkt erreichen, an dem die Schildkröte startet. Wenn er diesen Punkt erreicht hat, hat sich die Schildkröte aber ebenfalls weiterbewegt, sie liegt also immer noch vorne. Hat Achilles auch diese Strecke überwunden, so hat sich auch die Schildkröte wieder ein Stück weiter bewegt. Achilles kann die Schildkröte also niemals einholen.

Wenn ich eine Reihe von Raben sehe, die alle schwarz sind, forme ich irgendwann die Hypothese: Alle Raben sind schwarz. Diese Hypothese wurde induktiv aus einer Reihe von Beobachtungen abgeleitet.
Jeder weitere schwarze Rabe, den ich sehe, bestätigt diese Hypothese. Es ist natürlich unmöglich, alle Raben der Welt zu beobachten, und es könnte sein, dass es irgendwo auf der Erde oder im Universum nicht-schwarze Raben gibt, doch ich fühle mich durch die Beobachtungen in meiner Hypothese bestätigt.
Was ist nun aber, wenn ich ein nicht-schwarzes Objekt sehe, das kein Rabe ist, z. B. ein gelbes Auto?
Ich kann meine Hypothese ebenso formulieren als Alle nicht-schwarzen Objekte sind keine Raben, was logisch äquivalent zu meiner ursprünglichen Hypothese ist. Damit bestätigt auch ein gelbes Auto meine ursprüngliche Hypothese Alle Raben sind schwarz!
Zugespitzt formuliert: Wenn ich in meiner Umgebung Objekte beobachte und feststelle, dass alles, was nicht schwarz ist, auch nicht Rabe ist, sammle ich damit Bestätigungen der These, dass alle Raben schwarz sind. Noch extremer: Indem ich in meinem Zimmer kontrolliere, dass alles, was nicht schwarz ist, auch nicht Rabe ist, sammle ich Beweise für den Satz, dass alle Raben schwarz sind.

Der Barbier von Sevilla rasiert alle Männer von Sevilla, nur nicht die, die sich selbst rasieren. Wenn das so ist, rasiert der Barbier von Sevilla sich dann selbst (er ist kein Bartträger)?
Dabei kommt man auf folgendes Ergebnis: Wenn er sich nicht selbst rasiert, rasiert er sich selbst (das kann also nicht sein). Aber wenn er sich selbst rasiert, rasiert er sich wiederum nicht selbst (das kann also auch nicht sein). Das Ganze ist damit in sich selbst widersprüchlich. Der erste Satz mit der Behauptung kann also unmöglich wahr sein. Er erscheint auf den ersten Blick normal und vernünftig, ist aber bei genauerem Hinsehen ein Paradoxon.
Der Zusatz, dass der Barbier kein Bartträger ist, kann entfallen, denn die Aussage ergibt ohnehin, dass keine Personen existieren, die gar nicht (weder vom Barbier noch von sich selbst) rasiert werden. (Alle Männer werden rasiert.)
Mit Mengen lässt sich das Barbier-Paradoxon so formulieren:
Die Menge der Männer, die vom Barbier rasiert werden, ist identisch mit der Menge der Männer, die sich nicht selbst rasieren. (Daraus ergibt sich auch: Die Vereinigungsmenge der Selbstrasierer und der Nicht-Selbstrasierer ist die Menge aller Männer. Die Menge der Bartträger ist leer.) Wenn der Barbier rasiert werden soll, was geschehen muss, wenn er zur Menge der Männer gehört, dann müsste er in der Schnittmenge der Selbstrasierer und derer, die vom Barbier rasiert werden, sein. Da aber die Mengen der Nicht-Selbstrasierer und der vom Barbier rasierten identisch sind, existiert keine Schnittmenge zwischen den Selbstrasierern und den vom Barbier rasierten.
In der englischen Sprache gibt es einen Trickausweg aus dem Paradoxon: "The barber is a woman." Auf Deutsch klappt das allerdings nicht, weil "Der Barbier" impliziert, dass er ein Mann ist.
Der Versuch, einen zweiten Barbier existieren zu lassen, der den ersten Barbier rasiert, scheitert am Widerspruch zur Aussage "Der Barbier rasiert alle, die sich nicht selbst rasieren." Außerdem impliziert "der Barbier", dass es nur genau einen gibt.

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Tharon
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Beitrag von Tharon » 01 Dez 2005, 16:26

Das Paradoxon der unerwarteten Hinrichtung, auch "Paradoxon der unerwarteten Extemporale" genannt beruht auf folgender Situation:
Einem Gefangenen wird am Sonntag mitgeteilt, er werde nächste Woche hingerichtet. Allerdings würde der Termin für ihn eine Überraschung sein. Nun überlegt er sich: wenn ich am Samstag abend noch lebe, muss ich am Sonntag hingerichtet werden, was aber keine Überraschung wäre. Also fällt der Sonntag als Hinrichtungsdatum weg. Dann weiß ich aber am Freitag abend, wenn ich noch lebe, dass ich am Samstag hingerichtet werde - ebenfalls keine Überraschung usw., ich kann also überhaupt nicht hingerichtet werden!
Am Mittwoch taucht, unerwartet, der Henker zur Hinrichtung auf.

Die Grelling-Nelson-Antinomie ist ein semantisches Paradoxon, das 1908 von Kurt Grelling und Leonard Nelson formuliert wurde. Sie lässt sich auf das Barbier-Paradoxon abbilden.

Definition

* Ein Autologisches Adjektiv besitzt selbst die Eigenschaft, die es bezeichnet. "kurz", "dreisilbig" oder "deutsch" sind zum Beispiel autolog.
* Ein Heterologisches Adjektiv besitzt im Gegensatz dazu die Eigenschaft nicht, die es bezeichnet. Als Beispiel sind im Gegensatz zu oben "lang", "einsilbig" oder "englisch" / "german" heterolog (also nicht autolog).

Zunächst fallen entweder alle Adjektive einer Sprache in eine der beiden Gruppen. Entweder hat ein Adjektiv die Eigenschaft, die es bezeichnet, dann ist es autolog oder es hat sie nicht, dann ist es heterolog.

Betrachtet man nun jedoch das Adjektiv "heterolog" selbst, fällt auf, dass eine Entscheidung hier nicht möglich ist:

* Wäre "heterolog" heterolog, dann wäre es autolog, denn es besäße die Eigenschaft, die es bezeichnet selbst nicht. (Diese Eigenschaft ist ja gerade die Eigenschaft NICHT zu besitzen, die es bezeichnet.)
* Wäre "heterolog" hingegen autolog, dann wäre es heterolog, da es dann die Eigenschaft besäße, die es bezeichnet, was nach der Bedeutung von "heterolog" bedeutet, dass es heterolog ist.

Umgekehrt gilt, dass "autolog" in beide Kategorien fällt:

* Ist "autolog" autolog, dann ist es korrekterweise autolog.
* Ist "autolog" heterolog, ist es auch widerspruchsfrei heterolog.

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Refizul
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Beitrag von Refizul » 01 Dez 2005, 18:05

passt grad so schön ;)

ok, vorwissen:

ein compiler ist ein programm welches programmcode in maschinensprache übersetzt
um einen compiler zu schreiben benötigt man einen programmcode der in maschinensprache übersetzt werden muss.

im englischen dann das paradoxon:

to compile a compiler you need a compiler...

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