In den Winden der Welt - Tharon Radulfsson

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Tharon
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Beitrag von Tharon » 29 Aug 2005, 23:41

Lang und verwunderlich war der Atem der Götter in der Tat:

Ein zweites Mal erblickte Tharon Marach, der Eldorian und seine Gefährten zu Drachenrittern schlug. Damit wurde der Drachenritterorden begründet. Sulva'Irn gelang es, Eldorian und Tharon wieder zu versöhnen. Beide waren sich einig, dass man zusammen arbeiten könnte -die Nordmark und die Drachenritter. Donars freundliche Worte an Eldorian bestätigten das. Später dann brach Sulva'Irn zum Blauen Turm auf, während die Nordmannen sich in der Nähe Nordsteins sammelten.
Donar berichtete alles, was er bei Lerhon erlebte. Ja, er war bei Lerhon. Persönlich. Von beiden Seiten der Brücke würden sich nun die Truppen nach Süden und Norden zurückziehen. Das waren die bedingungen für neue Verhandlungen.
Tharon, Rodod und Arvid sprachen mit Hreidmar und veranlassten alles.

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Tharon
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Beitrag von Tharon » 30 Aug 2005, 13:00

Die Scharen wurden also nach Norden bewegt. Einige Stunden später kehrte ein wenig Ruhe ein. Hreidmar führte alle an die wichtigen Positionen, wie von Tharon angewiesen.
Tharon selbst verblieb bei Walak und den anderen Spähern, um die bretonische Reaktion anzuwarten. Dies ließ Zeit, ein wenig deutlicher über die vergangenen Ereignisse nachzudenken:
Donar hatte also mit Lerhon gesprochen. Und Lerhon war in der Tat der Bote. Also kannte der König nun die Bedrohung durch die Schattenelfen und konnte reagieren. Dass Donar eigenmächtig handelte, spielte für Tharon keine Rolle: Das Ergebnis stimmte und die Tat schien den Ereignissen durchaus angemessen. Sicher würde er sich vor Wulfus verantworten, aber das würde sicher auch irgendwie zu machen sein. Nun mußte man erst mal warten, ob auch die Bretonenarmee ihren Teil der Abmachung erfüllte. Wenn es mehr Torbriner waren, dürfte dies für Verwicklungen am Hofe sorgen. Doch Lerhon, mutig und groß genug allein nach Nordstein zu reisen, schien ehern und gefestigt auf dem Thron zu sitzen: Er würde den Torbrinern sicher verdeutlichen, wieso ER der König ist und keiner dieses schmierigen Hauses.
Sulva'Irn verließ schon früh die Feier der Drachenritter. Denn sie mußte aufbrechen zum Blauen Turm, um über die aktuelle Lage zu beraten und vielleicht erreichen zu können, dass die neutralen Elfen wenigstens einen Gesandten und Spurenleser schicken würden, um Iallai aufzuhalten.
Es gelang Sulva'Irn, Tharon und Eldorian zu versöhnen. Zuvor war diese Gründung und Tharons Anwesenheit wohl nur für beide eine Art Höflichkeit, nicht mehr. Doch am Ende war man sich einig, gemeinsam vielleicht Iallai und die anderen seines Volkes stoppen zu können. Sicher würden die Drachenritter einiges bewegen wollen.
Es war nicht unangenehm, nach der Klärung mit Eldorian noch ein wenig die Ausgelassenheit und Freude der jungen Drachenritter zu beobachten. Selbst Donar schien für seine Verhältnisse ein wenig entspannter, auch wenn man bemerkte, wie die Gedanken schon beim nächsten Tag waren.

Denn nun, am nächsten Morgen, die Truppen hatten die neuen Stellungen bezogen, galt es, Bretonias Reaktion abzuwarten. Und Tharon betete, dass dies nicht alles eine Täuschung war.

Man betete länger in diesen Tagen.

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Beitrag von Tharon » 31 Aug 2005, 09:34

Ein Bote überbrachte Tharon einen Brief von Fhink. Der junge Söldner wollte ihn an der Grenzbrücke sprechen. Nachdem alles geregelt war, meldete er sich bei den Mannen ab und erreichte kurz darauf jene Brücke. Fhink fragte viel. Er fragte nach den Ereignissen der letzten Zeit. Es schien Tharon, als wenn Fhink versuchen wollte, ihn umzustimmen. Das gelang ihm nicht. Fhink beschloss wohl, gegen alle anzutreten. Und Tharon wollte es ihm nicht ausreden, wußte er doch, dass neue Verhandlungen bald beginnen würden.
Nun, da die Lage sich leicht entspannte, konnte man wohl nach Bredorf gehen. Dort traf Tharon auf Wulfus, dem er die Entscheidungen und Geschehnisse mitteilte. Wulfus schien nicht sehr erfreut über Donars handlungen, auch wenn sie ihren Zweck erfüllt hatten. Doch dies mußte und wollte er mit Donar allein regeln.
Am Abend traf Tharon auf eine Bardin, die besonders Rodod in Verzückung brachte. Zardan und Arvid waren beide überraschend befreit von den Schattenelfen. Und man konnte leicht den Eindruck gewinnen, dass trotz drohenden Krieges alles seinen Gang ging und sich regelte.
So genoß Tharon einen überraschend friedlichen Tag und wollte erst spät wieder zu den Leuten zurück. Sie hatten ihre Befehle, alles schien bestens zu sein.
Eine Botschafterin aus einem fremden Land, Siduri war ihr Name, traf ein. Auch sie wollte -wie ALantar und Sulva'Irn vermitteln. Also verfasste Tharon zwei Briefe.

Später dann ging er zu seinen Mannen zurück. Ein ausnahmslos guter Tag lag hinter ihm. Irgendwie seltsam, aber dennoch nicht unangenehm.

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Beitrag von Tharon » 31 Aug 2005, 12:20

Nachdem Tharon einige Briefe zur Klärung der Lage einem Boten und einem Melder gab, kehrte er vorerst zurück zur Brücke. Walak harrte wie eh und je aus. "Schlafe ein wenig, ich übernehme das solange." Walak nickte leicht überrascht und ebenso schnell schlief er ein. Er hatte schon so lange dort gewartet. So führte Tharon eine Weile Walaks Aufgabe aus und beobachtete die Truppen der anderen Seite, wie sie wohl gerade ihre neuen Befehle bekommen mochten. Nach einigen Stunden erwachte der dankbare und nun wieder zu Kräften gekommene Walak. Tharon gab einen kurzen Bericht und ging dann zu den Spähern im Turm. Er blieb eine Weile schweigend bei ihnen und reichte einen Metschlauch herum. "Jeder nur einen Schluck, Ihr braucht all Eure Sinne", sagte er schmunzelnd. Schließlich ging Tharon zurück auf seinen Posten und erwartete alles, was nun kommen würde.
Er hoffte, dass Donar alles in die Wege leitete, neue Verhandlungen im Beisein mindestens eines Elfen führen zu können. Auch hoffte er, dass Wulfus und Donar etwaige Unklarheiten schnell beseitigen würden. Schließlich hatte Donar getan, was vielleicht Tharon selbst getan hätte, wäre für ihn die Zeit da gewesen.
Wenn alles vorbei sein würde und die Nordmark in einem Bündnis mit Lerhon anerkannt, würde sich zeigen, ob die Schattenelfen offen zuschlagen würden. Eines war sicher: Sowohl jene Elfen des Blauen Turms, als auch Lerhon und die Nordmark würden wachsam sein müssen. Fhink hatte Tharon gesagt, er wolle die Schattenelfen jagen. Ein edles Ziel -und richtig. Auch die Huginner würden nicht nur wachsam, sondern auch bereit dazu sein, jene dunklen Elfen zu jagen, auf dass sie niemals wieder einen Nordmann oder andere behelligen würden. Das mußte enden.
Bevor Tharon Bredorf verließ, fragte er Artim Mudden nach Kathlynn. "Sie ist nach Süden gegangen, um Verwandte zu besuchen", sagte Mudden. Tharon grübelte. Hatte sie denn Verwandte im Süden? Er fragte Artim nichts mehr, denn er sah, dass der Wirt ein wenig besorgt schien. Andererseits war Kathlynn erwachsen genug, allein auf eine Reise zu gehen. Sicher würde alles in Ordnung sein.
Alelile Tagan überreichte Tharon bei der Gründungsfeier der Drachenritter das Amulett, das ihn an Drogar erinnern sollte. Was würde Drogar zu alledem sagen? Nun, er würde versuchen, keiner Seite beizustehen, so wie es Zardan tat. Zardan war vom Bann der Schattenelfen befreit, ebenso Arvid. Das waren gute Neuigkeiten. Auch wenn nun klar war, dass die Schattenelfen jetzt eigene neue Pläne hatten. Die Drachenritter, so Eldorian, würden ebenfalls die Spur Iallais aufnehmen, so wie es hoffentlich auch der Blaue Turm tun würde. Tharon hätte nie erwartet, dass durch das Auftauchen Iallais ein Zusammenhalt zwischen Nordmannen, Bretonen und Elfen passieren würde, der in der momentanen Lage eigentlich noch undenkbar erschien. Jeder bemühte sich auf seine Weise: Donar, Wulfus, Arvid. Rodod, Rorstels, Tharon. Doch auch Sulva und dieser Alantar, dazu jene Siduri, schienen an einem Strang zu ziehen -zumindest hatte jeder das gleiche Ziel vor Augen: Die Gefahr mußte abgewendet werden! Und Eldorian und die neuen Drachenritter würden auch alles tun, um sie zu erreichen. So dachte Tharon daran, wie überraschend und schwierig es für Sulva'Irn war, zu erkennen, dass Ashimar und Arilana auch Drachenritter waren. Ja, es war eigenartig, zu sehen, wie auch Elfen diesem Bund, der von Menschen begründet war, beizutreten. Doch es würde sicher alles ein gutes Ende nehmen. Wichtig war es für Tharon, dass Sulva in Ashimar jemanden fand, der mehr sein konnte als nur ein Gefährte.
So überlegte Tharon eine Weile. Oft sprachen seine Gefährten von der Liebe. Und einige hatten sich gefunden: Ashimar und Sulva'irn. Eldorian und Kathlynn. Das war gut.
Und sogar Wulfus berichtete einst, dass er eine Ehefrau hatte, die wie sein Sohn von den Schattenelfen getötet wurde. Tharon fragte sich, ob Wulfus je wieder eine andere Frau an seiner Seite haben würde. Sie war Bretonin. Irgendwie beruhigte es Tharon, dass Wulfus trotz aller Traditionen und Werte auch über die Grenzen des eigenen Volkes hinaus schaute. Selbst Donar überraschte Tharon in den letzten Tagen immer wieder. Er begegnete anderen nun mit einer gewissen zurückhaltenden Freundlichkeit und Höflichkeit, die der frühere Donar nie an den Tag gelegt hätte. Aber nun war er Jarl und hatte mehr Verantwortung. So war es letzten Endes auch notwendig, Kontakte herzustellen -über persönliche Vorlieben und Abneigungen hinweg. Dennoch vermutete Tharon, dass hinter dem eisigen und verbitterten Berg ein grünes Gefilde war, das sich ebenso nach Einigkeit und Ruhe sehnte wie jeder, der das Grauen gesehen hatte. Und Tharon war zufrieden. Obwohl die Krise noch nicht beendet war, obwohl ein Krieg immer noch ausbrechen könnte, wenn Iallai wieder zuschlagen oder jemand einen Fehler machen würde, entstand eine innere Ruhe und Gelassenheit, wie er sie lang nicht mehr spürte.

Zum Ende dieser Gedanken hin trank er selbst einen Schluck Met und stellte sich aufrecht hin, um alles überblicken zu können. Hier und da gab er kleiner Anweisungen, aber im Großen und Ganzen kamen die Späher und Walak wunderbar klar. Tharon fühlte sich wohl. Als Gleicher unter Gleichen.

Am Ende eines langen Vormittags sprach er ein Gebet zu den Göttern. Er wünschte sich Stärke, Frieden und Sicherheit für die Nordmark. Auch sprach er zu Odin. Er möge seinen Vater empfangen. Und am Ende erbat er sich auch einen Segen für sich und seine nordischen Gefährten, aber auch für jene, die keine Nordmannen waren.

Walak sprach mit ihm das Gebet. Danach standen sie beide schweigend und bereit auf ihrem Posten. Tharon wollte die Späher nicht allein lassen. Es war wichtig, dass einer der Entscheidungsträger bei ihnen war. Sie hatten nun die wichtigste Aufgabe.

"Die Götter sind immer bei uns", sagte Tharon dann leise.

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Beitrag von Tharon » 01 Sep 2005, 11:57

Manchmal werfen schon längst vergangene Ereignisse ihre toten Schatten doch noch einmal in die Gegenwart. Vielleicht ist der Grund dafür der, dass wir uns immer ermahnen müssen, vielleicht abzuschließen, aber nicht zu vergessen:

Tharon traf zunächst auf Arvid, Wolfdietrich und Friedrich. Während die Drachenritter die Taverne in Beschlag genommen hatten, saßen die drei draußen an einem Lagerfeuer, als plötzlich ein Fremder in dunkler Rüstung erschien. Beleth, so sein Name, war gemeinsam mit seinem Blutsbruder -wie er es nannte- auf der Suche nach den Überresten von Maranos. Sofort kam Mißtrauen und großer Hass in Tharon auf. War das Thema denn nie beendet? Glorianna war fort, Kathlynn zurück und Maranos tot. Letztlich aber war Tharon neugierig: Friedrich geleitete Beleth zunächst in die Katakomben. Später dann gingen auch die anderen nachsehen. Und in der Tat. In einer Ecke gedrängt standen die verwesenden Überreste des Elfenschänders. Tharon hätte gern noch auf ihn gespuckt, aber selbst das war es nicht wert. Zufrieden ging Tharon vondannen.

Später an dem Abend erschien wieder Ligeia. Ihr Gesang war nicht übel, aber Tharon hatte kaum Ohren dafür. Als sie aber ein altes Liebeslied anstimmte, da erinnerte sich Tharon an sie. Und erst jetzt wurde ihm klar, was fort war. Doch als Ligeia meinte, nun Lieder und Weisheiten über den Tod loswerden zu müssen, da gefiel es Tharon nicht mehr, denn davon hatte er wahrlich genug gesehen und verstanden. Doch er beantwortete an diesem seltsamen Abend alle Fragen zu seinem Volke, die er beantworten konnte. Langsam schien dem ein oder anderen aufzugehen, worum es den Nordmannen ging. Das war gut. Selbst Fhink sah die Notwendigkeit.

Arvid informierte Tharon darüber, dass Rodod in den Norden geritten sei. Schließlich wurde ja auch ein Thing für den morgigen Tage angegeben. Tharon verabschiedete sich und ging langsam nördlich. Er hatte noch Zeit. Und ein wenig Ruhe würde nun gut tun.

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Beitrag von Tharon » 02 Sep 2005, 13:27

"Was für ein vermaledeiter beschissener Fluch ist doch diese elendige Schreiberei!" fluchte Tharon, als das kleine Tintenfässchen seinen schwarzen Inhalt scheinbar auch noch mit Genugtuung über das gerade fertig gestellte Pergament vergoss. "Verdammte Hundepisse!" schrie Tharon dann noch. Nun hatte er die halbe Nacht an diesem Bericht über die Drachenritter gesessen und dann das. Ein Schreiber Rokils kam in die Stube und fragte, ob alles in Ordnung sei. "Ja, alles BESTENS", knurrte Tharon, als der Schreiber auch schon wieder verschwand. Tharon nahm ein neues Blatt Pergament und begann von vorn. Nach einiger Zeit, man glaubte schon, die Vögel sangen schon wieder, beendete er den Bericht für den Stadtschreier, ranzte einen Boten an, der es schnell Wulfus bringen sollte. Nach einer kleinen Denkpause machte er sich daran, die Verkündung des Nordischen Rates zu verfassen. Nach einem mißlungenen ersten Entwurf beendete er die Arbeit, fertigte zwei Kopien an und ließ sie verteilen: "Eine hier für Nordstein, eine für Donar und die letzte bitte nach Süden an die Truppen. Und zwar zackig", maulte er den nächsten Boten an. Jetzt schrieb er noch eine kurze Nachricht an Sulva'Irn, in der alles Wichtige für sie stand. Tharon schaute dann zum Fenster. Die Sonne war schon aufgegangen. "Na bestens", knurrte er dann leise. Donar war sicher ebenso beschäftigt gewesen und nun sicher schon in der Küche.
Wulfus war sehr gründlich, wenn es um Belehrungen und Strafarbeiten ging. Wegen Donars eigenmächtiger Handlung verdonnerte der Hetman der Waräger seinen treuen Freund Donar zu Küchenarbeiten und Schreibkram. Außerdem sollte er gemeinsam mit Ligeia, der bretonischenm Bardin, Sagen und Lieder des Nordens ausarbeiten. Das war sicher eine Aufgabe, die Donar sichtlich nicht gefiel. Doch Donar nahm es hin und tat, wie ihm befohlen. Dass Wulfus ihm auch noch das Mitspracherecht innerhalb der Waräger nahm, überraschte Tharon. Nun, das war Sache der Waräger. Dennoch empfand Tharon Mitgefühl, denn verdient hatte Donar das in seinen Augen eigentlich nicht.
Aber auch Tharon bekam nette Aufgaben:
Immerhin hatte er ebenso eigenmächtig gehandelt, als er den Warägern Donars Weisungen unterbreitete. Wulfus war zu recht ungehalten. Und er und Rodod überlegten sich beim Thing also auch eine Strafe für Tharon: Schreiben am nordischen Stadtschreier, Verkünden der Entscheidungen des Rates. So kam es also, dass Tharon die ganze Nacht als Schreiberling in den Kammern Nordsteins verbrachte. "Ausgerechnet das." Tharon, der im Dienste des Rates und der Huginner Kontakte zu den anderen Völkern knüpfte, viel kämpfte und auf Reisen war, saß also nun nachts in Nordstein. Und sein bester Freund war eine dumme Schreibfeder.
Auf dem Thing wurde aber nicht nur belehrt und bestraft. Auch wurden Ort und Zeit für neue Verhandlungen mit Lerhon beschlossen: Bald schon, in nunmehr 2 Tagen zur achten Abendstunde würde sich das Schicksal aller in Eisendorf entscheiden. Und nach langer Debatte kam man zu dem Beschluss, Lerhon vorher das Schwert zu bieten, den freiwilligen Dienst gegen seine inneren und äußeren Feinde. Das war gut. Es zeigte guten Willen und Freundschaft. Doch Teile der Nordmark hergeben? Nein. Tharon war dagegen. Immerhin hatte man durch den Truppenabzug guten Willen bewiesen. Doch man einigte sich beim Thing darauf, vielleicht den See herzugeben. Mehr aber nicht. Und so alles scheitern würde, käme der unausweichliche Augenblick: Krieg.
Doch jeder, auch Tharon, wollte dies verhindern. Es würde sich bald zeigen, was die Nornen schon längst wußten.

Tharon stand auf. Die Knie machten knackende Geräusche. Das Handgelenk schmerzte leicht. Schief schaute er dann zur verdammigen Schreibfeder. "Du kleines Biest", murmelte er dann, als er sie wieder in die Hand nahm und eine kleine Notiz an Donar verfasste, in der Tharon ankündigte, ein oder zwei Stunden Frischluft zu sich zu nehmen. Dann würde er wieder in die Stuben gehen und Donar unterstützen.

So nahm sich Tharon einen Gaul und ritt durch die Nordmark. Keine Gedanken, kein Ärger. Freiheit.

Nach zwei Stunden kehrte er wieder heim. Heimat.

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Beitrag von Tharon » 02 Sep 2005, 13:33

Schon am Tor begegnete Tharon jener Bote, den er zu Donar geschickt hatte.
"Im Nordostturm also."
Tharon knurrte den dummen Gaul an und wankte leicht benommen von der dummen Schreibarbeit zum Nordostturm.

Dort bemühte er sich, Donar mit allen verbliebenen gedanklichen Kräften zu unterstützen...

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Beitrag von Tharon » 04 Sep 2005, 12:40

Donar war wohl gerade fertig mit den Küchenarbeiten, zu denen er außerdem von Wulfus verdonnert wurde. Und nun betrat also Tharon jene unseligen Kammern, wie Donar sie treffend nannte: Jene Schreibstuben im Nordostturm der Feste, die zum Refugium der Einsamkeit und zum Palast der schlechten Laune wurden. Der ganze Schreibkram schien Donar und Tharon an den Nerven zu zerren. Aber auch das mußte alles erledigt werden. Wie nur hielten die Schreiberlinge des Hofes von Bretonia dies aus? Während in aller Welt Abenteuer, Verhandlungen, Berge, Wiesen und Wälder den Reisenden lockten, saßen die beiden in diesen vermaledeiten Kammern und brüteten über lästige Kleinigkeiten. Aber es waren nunmal Dinge, welche die Nordmark betraf. Und wenn alles so funktionieren sollte, dann mußte es erledigt werden. So einfach war das.

So vergingen die Tage.

Und dann kam der Tag der Entscheidung. Schon früh am Tage ließ Tharon endlich einmal die Schreibfeder liegen, füllte Met- und Wasserschlauch, nahm sich was aus der Küche und ging zum Stallmeister.
"Was? Immer noch keine Pferderoute in den Süden?" fragte Tharon entnervt.
Das Kopfschütteln bestätigte es. Also nahm er Proviant und Rucksack und wanderte nach Süden. Sicher würde er Sulva'Irn irgendwo in Bredorf antreffen, um letzte Dinge vor dem Treffen mit Lerhon besprechen zu können.

Der Tag der Entscheidung. Krieg oder Frieden.

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Beitrag von Tharon » 05 Sep 2005, 11:48

Kurz nachdem der erste Pfeil Sulva'Irn traf, surrte auch schon der nächste durch den Hof. Tharon griff instinktiv zu Schwert und Schild. Mit dem Schild konnte er den Pfeil abwehren. Er war für König Lerhon gedacht. Die Sicherheitsmaßnahmen waren wohl nicht allzu gut, obwohl der König durch einen Eilboten den wartenden Nordmannen, Elaya und Zwergen mitteilen ließ, dass Treffen werde aus eben jenen Gründen in die Akademie Bretonias verlegt.
Zuvor trafen sich Rodod, Donar, Arvid, Rorstels, Tharon, Sulva'Irn, Siduri und Rangor wie besprochen in Eisendorf. Es wurden die Aufgaben eines jeden besprochen und verteilt. Nach längerem Warten auf die Bretonen erschien dann jener Bote. Seine Botschaft klang nicht unbedingt gut. Innerlich kam in Tharon sogar kurz die Frage auf, ob dies eine Falle sein könnte. Nein, das würde Lerhon nicht tun. Dennoch war Tharon höchst ungehalten. Auch Donar und einige der anderen wurden mißtrauisch und vorsichtig. Doch am Ende betrat auch Donar die von ihm gehasste Stadt. In der Akademie trafen sie auf König Lerhon und seine Leibwache. Eine Nordfrau namens Eril kam noch dazu.
Tharon fragte sich, wie sie vom Ortswechsel wissen konnte. Diese Gedanken beendete er, als jene Pfeile in den Hof geschossen wurden -der eine auf Sulva, der andere gegen den König. Mit dem Pfeil im Schild und gezogener Waffe stellte sich Tharon schützend vor den König und suchte alle gute Positionen für Schützen ab. Nichts. Arvid indes gelang es, Sulva'Irn zu versorgen, die irgendwo am Arm getroffen wurde. Die Pfeile waren vergiftet, aber nicht tödlich.
Lerhon lehnte zunächst alle Forderungen ab, und er verlante, von Neuem zu verhandeln. Als er den Fluß nicht freigeben wollte, bot man ihm wie besprochen den See an. Es wurde viel über Grenzen und Sicherungen geredet. Schließlich wurde aus dem Fluß der halbe Fluß. Tharon war unzufrieden. Doch als Donar ihm wie besprochen das Schwert bot, da schien Lerhon selbst zufriedener. Wenn eine beschlossene Zahl Nordmannen Dienst in der Armee und bei den Bretonianern tun würde, und wenn ein Skalde den Hof und das Bretonenvolk aufklären würde über Brauchtum, Sitte, Glaube und Gesetz der Nordmark, dann würde er dem ganzen Anliegen zustimmen und einen Vertrag unterschreiben, den Donar aufsetzen und dem Skalden mitgeben würde -ein Vertrag, den sogar Torbrin akzeptieren würde. Lerhon sagte das nicht direkt, aber er meinte es sicherlich so. Gerade die anstehende Hochzeit zwischen einer Schattenelfe und einem Torbriner war doch schon eine Provokation. Bei einem Vertrag könnten sie gar nichts mehr tun!

Nach einem freundlichen Abschied schienen alle Beteiligten zufrieden. Nur diese Eril nicht. Tharon konnte sie kaum einschätzen, aber insgesamt war sie ihm noch gleichgültig. Sulva hatte sich zuvor schon verabschiedet.
Donar brach nach Nordstein auf. Tharon nahm sich vor, in Bredorf Eldorian und die anderen kurz aufzusuchen, um wenigstens zu sagen, dass sie sich nicht mehr sorgen müssen. Dann würde er Donar folgen und weitere Schreibarbeiten erledigen, zu denen er immer noch verdonnert war -irgendwie im wahrsten Sinne des Wortes. Doch die Sache war wichtiger als persönliche Vorlieben.
In Bredorf traf er auf Fhink, Eldorian, einen Mönch namens Bralack. Rodod und Siduri waren auch zugegen.
Fhink und Eldorian gerieten in eine Meinungsverschiedenheit. Fhink war voller Tatendrang und kritisierte die Methoden Eldorians, der seinerseits daraufhin Fhink verdonnerte zu Meditationsübungen, bevor er die Taverne verließ -erleichtert nach Tharons knapper Information. Fhink hingegen dachte nicht daran, zu meditieren, verließ nur kurz den Schankraum und klagte dann in Eldorians Abwesenheit weiter. Er sagte, Eldorian habe in allen Belangen, auch bezüglich der Schattenelfen, Neutralität befohlen. Und bis auf die Umhänge der Drachenritter und den Hausbau sei nichts geschehen, der Rat habe nicht einmal getagt. Fhink schien sehr unzufrieden. Als Tharon mitteilte, die Huginner würden auf jeden Fall die Schattenelfen aufspüren wollen und jagen, bot Fhink sein Schwert an -egal was Eldorian sagen würde. Tharon beschloss für sich, sich in Eldorians Belange keinesfalls einzumischen. Dennoch sollte Eldorian Stellung beziehen, das war seine Meinung.
Als die Bardin Ligeia wieder ihre Lieder sang, versank Tharon wieder in diese verdammte Stille und Verlorenheit, die er sich nicht erklären konnte. Seine Gedanken wanderten eine einsame Straße entlang, an deren Ende niemand auf ihn wartete. Lange sah er Ligeia an, und er war erlöst und von leichter Melancholie erfüllt, als die Bardin sich verabschiedete.
Auch Tharon verließ dann die Taverne. Es gab viel zu tun.

In Nordstein verfasste er Nachrichten an die Huginner. Den Skalden Tjorbald wählte er als den Gesandten für den Hof aus. Er würde ihn Donar vorstellen. Und sobald der Vertrag festgelegt sei, würde Tjorbald ihn Lerhon vorlegen. Der Krieg war verhindert worden, den Göttern sei Dank!
Anschließend machte sich Tharon an die Arbeit, einen weiteren Bericht für den Nordischen Stadtschreier anzufertigen. Danach legte er sich für ein paar Stunden schlafen. Er erinnerte sich noch an eine Begegnung mit der Ordensschwester Farati. Sie hatte das Kloster verlassen, um die Suche nach ihrer Schwester zu beginnen. Jene wollte Lebanerin werden, aber schien spurlos verschwunden. Tharon betete kurz dafür, dass jene Farati nicht eine tote Schwester finden würde, dazu betete er für seinen Vater und seinen Bruder. Und am Ende betete er für das Wohl Sulva'Irns, der Nordmark und aller, die den heutigen Tag zu einem guten Tag gemacht hatten.

Wer aber war der Attentäter?

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Beitrag von Tharon » 06 Sep 2005, 12:19

Die Arbeiten an Berichten für den Stadtschreier, Anordnungen für die Huginner und all jenes, das Tharon tat, um Donar die Arbeit ein wenig zu erleichtern, stiegen ihm langsam zu Kopfe. Und meist betete er spät in der Nacht um die Weisheit, diesen ganzen Papierkram schnell und sorgfältig erledigen zu können. Wo waren sie hin, jene unbeschwerten Tage, als man noch einfach sein Schwert zog, um Probleme zu lösen? Weit weg.
Von den Schattenelfen und anderen Intriganten hörte man länger nichts mehr. Torbrin hatte jene Hochzeit angekündigt. So war es langsam mehr als deutlich, dass Torbrin genau wußte, wer oder was die Schattenelfen waren. Vielleicht kannten sie auch deren Ziele und versprachen sich persönliche Vorteile davon. Und möglicherweise kannten sie auch die Verstecke dieser unseligen bösen Kreaturen.
Sulva'Irn kehrte zum Blauen Turm zurück, sicher, um auch Bericht zu erstatten. Immer noch war Tharon ihr und Siduri dankbar für die wertvolle Hilfe am Verhandlungstage mit König Lerhon.
Und der Skalde Tjorbald war sicher schon auf dem Wege nach Bretonia, um alle weiteren Notwendigkeiten zu regeln. Dann würde es bald endlich den Vertrag geben und die Nordmark wäre dann frei. Endlich. Der Weg war lang. Erschöpft von der Schreiberei, aber dennoch zufrieden, ging Tharon in den Hof der Festung, sattelte einen Gaul und ritt zu den Mannen der Huginner, die er hatte zusammenrufen lassen. Er wählte einige von ihnen aus, bis er die von Lerhon erwünschte Anzahl zusammen hatte. Danach wagte er wieder einen Ausritt, um wenigstens ein bißchen Abwechslung zu bekommen. Dabei erinnerte er sich daran, wie Donar einen Brief Eldorians erwähnte, in dem er den Rat der Nordmark um ein Treffen bat, um die Dinge bezüglich Torbrin und der Schattenelfen zu bereden.
In der Handelsstation traf Tharon dann gemeinsam mit Rorstels auf Wulfus, Donar und Ligeia. Man speiste ein wenig, trank Met und redete über dies und das. Tharon erwähnte Donar gegenüber sein Treffen mit Eldorian. Und Tharon beschloss, das Wichtige für die Nordmark zu erwähnen.

In Bredorf dann traf er auf Eldorian. Lange war es her, dass sie in Ruhe sprachen. Eldorian erwähnte, dass die Drachenritter die Schattenelfen ebenso jagen würden wie Tharon es selbst mit den Huginnern plante. Sie sprachen über einige Details, später dann über all jenes, was mit anderen Dingen oder Personen zu tun hatte. Eldorian erkundigte sich nach Sulvas Wohlbefinden, sie sprachen über Kathlynns seltsame Reise in den Süden, aber auch über die wachsende Unzufriedenheit Fhinks. Eldorian schien das letzte wenig zu berühren oder er sah die Notwendigkeit nicht, zu reagieren. Tharon beschloss, sich nicht in diese Sache einzumischen und sagte Eldorian nicht, dass er es für eine Verschwendung hielt, Fhink nur als Knappen und Laufburschen zu halten. Nach einem guten Abschied ging jeder seiner Wege.

Tharon hatte wirklich noch keine Lust, schon wieder in die staubigen Kammern der Feste zurückzukehren. Rodod hatte man den ganzen Tag nicht gesehen. Er als Huskarl und Mitglied der Huginner machte sich rar und war wohl ebenso auf Reisen. Dann konnte Tharon, der fleißig alle Arbeiten erledigt hatte, auch mal leisten. Er schaute auf seine Waffen. Lange waren sie unbenutzt. Vielleicht suchten ja ein paar Räuber die Ebenen heim, dann konnte man ein wenig trainieren.
Dort traf er auf Siduri, Urz, Fhink und den sehr dicken und gutmütigen Mönch Bralack. Offenbar hatte Eldorian seinen Leuten tatsächlich den Auftrag gegeben, die Gefallenen zu bekämpfen. Fhink war sichtlich aufgeregt. Seine Kritik an Lord Eldorian wurde immer deutlicher. Doch auch Urz und Siduri schienen nicht sehr einverstanden mit der Art, wie Eldorian und der Rat des Ordens Entscheidungen trafen. Es war Verschwendung von Zeit und Taten, das war klar zu sehen. Doch Tharon wollte sich nicht einmischen. Als er aber vernahm, dass Eldorian im Rat als einziger ZWEI Stimmen hatte, da hatte er wenig Verständnis und befand dies als sehr, sehr merkwürdige Tatsache. Hatte Eldorian etwa den Verstand verloren? Wieso sollte ein Mann ZWEI Stimmen haben? Doch nur, um die eigenen Wünsche besser durchsetzen zu können. Das war gefährlich, das würde Tharon weiter beobachten. Eldorian war ein Freund, aber diese Angelegenheit erschien ihm höchst seltsam. Doch er beschloss, erst einmal den Mund zu halten und abzuwarten. Es war nicht seine Sache.
Später erreichte auch Ligeia die Schar, wie sie gerade fast schon gelangweilt die Gefallenen in Schach hielt. Ligeia spielte wieder ein paar Lieder und schon wieder geriet Tharon in diese düster traurige Stimmung, die er nicht wollte.
Was bloß war an ihr, dass ihn stets an sie erinnerte?

Früh am Morgen dann kam Tharon zurück nach Nordstein. Sicher war Sulva nun auch am Blauen Turm angelangt. Alles ging seinen Gang. Scheinbar war nun alles geregelt.

Die Nornen aber, das wußte er, hatten schon immer ein großes Gespür für Ironie und Tragik.

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Beitrag von Tharon » 12 Sep 2005, 12:16

Die Nornen ließen allerdings eine Menge Zeit verstreichen. Immer noch keine Rückmeldung von Lerhon. Tjorbald war nun schon einige Tage am Hof, Donar und Tharon taten all jenes, was ihnen aufgetragen wurde, Wulfus war bei den Kriegern, Rodod tat sein Übriges. Bisher war nichts Neues geschehen.

Ein wenig freie Zeit nutzte Tharon, um in Bredorf nach den Rechten zu schauen. Dort traf er auch Rodod und man tauschte die wenigen Neuigkeiten aus. Über den Attentäter war wohl noch nichts bekannt oder die Waräger würden sich bereits darum kümmern, denn es war wohl eher ihre Aufgabe, genau wie die Angelegenheiten bezüglich der zurückgekehrten Rabenschwingen. Denn vor ein paar Tagen fragte Donar, was Tharon über jene Söldnergilde wußte. Und Tharon berichtete von dem Angriff gegen Ranva und seinen eigenen Erfahrungen mit Astys und Sullivan.

Sulva'Irn war vom Blauen Turm zurück. Ihre Verletzung heilte gut, und Arvid sah sie sich auch noch einmal an. Tharon war erleichtert, dass es der Elfe gut ging. Es war seltsam: Wieso war er so sehr um ihr Wohlergehen bemüht? Nun, immerhin war Tharon selbst es, der ihr den Zugang zur Welt der Menschen und zum Leben an sich wieder verschaffte, nachdem sein eigener Vater ihre Familie ermordete. Sie war ihm wichtig, das stand für ihn in Stein gemeißelt. Er würde jeden, der sie verletzte oder ihr etwas antat, strafen und richten.

In der Taverne schließlich begegnete ihnen ein Fremder. Er war höher gewachsen als es für Bretonen üblich war, trug rote Kleidung und war leicht bewaffnet, dazu ein Stab. Der einäugige Fremde pöbelte alle Anwesenden scheinbar grundlos an, faselte wirres Zeug über Gesindel und Barbaren. Man möge verschwinden, denn ihm fehle die Luft zum Atmen. Als Tharon und die anderen sich ihm entgegenstellten, räumte das Großmaul das Feld und sprach wirre Ideen von Lektionen und Belehrungen aus. "Da bin ich gespannt!" brüllte Tharon noch. Wolfdietrich, der wie Siduri etwas verspätet die Taverne betrat, berichtete, dass jener Fremde ein Paladin der "alten Art" sei. Er verachte alle gegenwärtigen Gottheiten und auch jene der Bretonen.
Tharon fragte sich, ob dieser Kerl Einfluß am Hofe oder in der Kirche hatte. Also beauftragte er Rorstels, der nun auch anwesend war, damit, mehr über diesen Fremden zu erfahren.

Schließlich betrat Donar müde und nicht wirklich ausgeschlafen den Schankraum. Man redete kurz über diesen Fremden, dem Donar zuvor schon begegnete. Offenbar war er ein fanatischer Irrer, wie man lakonisch festellen mußte.
Der Schankraum wurde noch voller, als die Nordfrau Ranva hinzukam. Tharon berichtete ihr kurz von der Rückkehr der Rabenschwingen. Sie gab ihm Met aus. Nachdem sie abfällige Bemerkungen über die anwesenden Elfen machte, setzte sie sich und es kam zu einer kleinen Debatte zwischen ihr und Donar. Sie warf ihm vor, andere Völker zu verachten. Donar aber stellte klar, dass Verachtung und Gleichgültigkeit zwei verschiedene Dinge waren. Immerhin war auch Tharon von ihrer Aussage überrascht, denn sie war es doch, die keine zehn Minuten vorher Siduri und Sulva beleidigte. Welches Spiel trieb diese Landstreicherin?

Nach einem langen Abend verabschiedete sich Sulva. Sie schien etwas besorgt wegen Ashimar zu sein, auch wegen der Drachenritter. Tharon konnte ihr diese Sorgen leider nicht nehmen, denn auch er war nicht ohne Zweifel, nach all den Dingen, die Fhink und Urz so berichteten. Doch Sulva würde ihren Weg gehen. So weit er könnte, würde er behilflich sein. Er war derjenige, dem sie von allen zuerst begegnete und wahrscheinlich am meisten vertraute. Er würde sie nicht enttäuschen. Enttäuschung, das wußte er, konnte schlimmer sein als der mächtigste Schwerthieb.

Siduri begann nun, zu verkünden, dass sie als Botschafterin ihres fernen Volkes ein Pamphlet zu schreiben habe. Ihr Ziel war die Einigkeit aller Völker Kheldrons. Ein hohes und edles Ziel, aber fern der bestehenden Tatsachen und vielleicht etwas zu idealistisch. Wie sollte man mit Ogern oder Schattenelfen, mit Bestien, Frieden schließen? Dennoch war sie als Elfe, als Botschafterin und als Drachenritter davon überzeugt. Nun, dann mußte sie tun, was zu tun war.
Als sie jedoch auch SUTH erwähnte, horchte Tharon auf. Hatte sie von Eldorian davon erfahren? Er war sich sicher, dass er es Siduri selbst nicht gesagt hatte. Vor langer Zeit erfuhr Tharon von jenem dunklen Wesen, dass alle Völker bedrohen würde. Nun kam in ihm die Frage auf, ob die Schattenelfen zum Beispiel ebenso Diener von SUTH waren. Oder beteten sie jene unselige Kreatur vielleicht an? Doch Donar hatte nicht Unrecht: Solange man nichts Handfestes darüber wußte, konnte man in diesem Falle nur abwarten. Tharon aber beschloss für sich, beizeiten Nachforschungen darüber anzustellen, die er zu lange schon vernachlässigt hatte.

Spät in der Nacht erst brach er auf, um wieder in die Schreibstube des Nordostturmes der Festung zu gehen. Auf dem Weg dachte er nochmal kurz an Sulva, an die kommenden Aufgaben und alles, was ihn in den letzten Tagen so beschäftigte. Es war gut, dass Ligeia nicht anwesend war. Ihr Gesang ließ ihn immer an die ferne Vergangenheit denken:

An eine Liebe, die nicht mehr existierte.

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Beitrag von Tharon » 13 Sep 2005, 19:57

Nach weiteren langen Stunden im Turmzimmer lief Tharon in den Süden, mietete einen Gaul und ritt durch die Wälder. Eine innere Stimme sagte ihm, er solle das Pferd stehen lassen und einem kleinen Pfad folgen.
Tote Bäume säumten den Weg, Matsch und fauliges Wasser lag auf dem Weg, dumpfer Nebel trübte die Sinne. Doch in der Trübe sah er zwei Raben, wie sie auf dem Weg standen und nach Würmern suchten oder anderen essbaren Dingen. Tharon näherte sich, doch die Raben flogen nicht davon, sondern gingen -der eine nach links, der andere nach rechts- zur Seite. Sie sahen ihn an, als er leicht verwundert an ihnen vorbeilief. Erst lange Augenblicke später, Tharon war schon weit von ihnen weg, flogen sie davon. Ein Zeichen oder nur ein Zufall? Nun, an Zufälle glaubte er nicht, nicht mehr. Zuviel war geschehen, dass kein Zufall sein konnte. Alles mußte Bedeutung haben.

Aber hatte diese eine Liebe, die nur noch Liebe in Gedanken war, seine Sinne etwa so getäuscht oder hatte auch das eine Bedeutung?
Es war lang her. Sie war einige Jahre jünger als er. Ihr langes glattes Haar, ihre blauen Augen, tief und verschlossen wie ein See, lagen über einem Gesicht, weiß und sanft wie Schnee. Sie war sein Leben, dachte er eine sehr lange Zeit. Es war in einem Langhaus, als er ihr das erste Mal begegnete. Hinter einem Vorhang hörte er nur ihre leise Stimme, in die er sich schnell verliebte. Und Tage später saßen sie an einem kleinen fernen Teich und redeten bis in die Abendstunden. Dann berührten sie einander und küssten sich. Doch am Ende war jeder Mensch allein mit sich und den Nornen, die es weniger gut meinten als erhofft: Sie war schon lang fort.
Doch weiter darüber nachdenken, brachte sie nicht zurück. Irgendwann müßte er sich dem stellen, aber nicht heute. Vielleicht kam sie eines Tages zurück. Vielleicht.

Tharon verließ den Pfad wieder. Der Nebel verschloss alle Klarheit des Geistes und der Umgebung.

Vielleicht war das gut.

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Beitrag von Tharon » 14 Sep 2005, 12:47

Die Erinnerungen nicht vergessen, aber verdrängt für den Moment, erreichte Tharon Bredorf. Er wollte sehen, was vor sich ging, ob Lerhon schon reagierte und all dies.
Dort traf er auf Arvid, Rodod und den Paladin Friedrich. Letzterer hatte wohl Gerüchte gehört, dass ein abtrünniger Paladin in der Gegend gesehen wurde. Sicher meinte er jenen Rotrock, der schon zuvor Sulva und die anwesenden Nordmannen als Gesindel schimpfte und mit Lektionen drohte. Tharon erzählte Friedrich jene Tatsachen und wartete auf eine Reaktion. Der Paladin war sehr beunruhigt und sprach davon, jener Fremde habe viel Macht. So fühlte Tharon sich bestätigt, Rorstels auf diesen Kerl angesetzt zu haben.
Später traf auch noch Siduri ein. Sie sprach wieder von ihrem Ziel des Friedens unter allen Völkern, worin sie jene Oger und die bösartigen Schattenelfen einschloss. Siduri wollte Rodod, Arvid und Tharon von der Richtigkeit ihres Handelns überzeugen, sprach vom Stolz der Nordmannen und dass jener sie behinderte, klar zu sehen. Tharon und den anderen waren die Gründe der Schattenelfen egal: Sie waren feige Mörder und Intriganten. Wieso Frieden schließen, wenn sie jeden bedrohten, sich ins Haus Torbrin schlichen und von innen heraus nicht nur die Bretonen, sondern damit auch die Nordmannen bedrohten? Siduri bat Tharon darum, ein gutes Wort bei Lerhon für sie einzulegen, dass er ihr zuhöre. Nun, das konnte Tharon wohl versuchen.

Am Ende dieses Tages ging er zurück nach Nordstein und widmete sich seiner Arbeit, schrieb ein paar notwendige Briefe und wartete auf die Dinge, die da kamen.

Nur die Erinnerungen, sie kamen immer wieder zurück.

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Beitrag von Tharon » 16 Sep 2005, 18:50

Keine Erinnerungen, sondern höchst gegenwärtige Dinge waren es, die Tharon an einem Abend in Bredorf erlebte:
Fhink, Arvid, Rodod, der Paladin Wolfdietrich waren anwesend. Auch Rorstels war dort, der zu Tharons Zufriedenheit bereits Nachforschungen wegen des Mannes anstellte, dessen Name nun bekannt war: Tacoma. Wer oder was er ist, konnte Wolfdietrich nicht sagen, wohl aber hatte die interessante Idee, dass der vergangene Bürgerkrieg vielleicht auch den Zweck hatte, jede Spur jenes alten Glaubens, den Tacoma vertrat, zu verwischen. Höchst interessant und irgendwie beunruhigend.
Plötzlich stand Fhink auf und verschwand in die Nacht, während nicht lange danach eine Frau erschien, die sich als Phönix vorstellte. Sie fragte nach Fhalk, dem Vater von Fhink. Offenbar ging jener einen Pakt mit einem wahren Phönix ein, um das Schwert Samgard zu finden. Doch das Wesen belog Fhalk, so die Frau, und seitdem sei er verflucht, jeden Tag aus der Asche neu zu erstehen -etwas, das das Wesen auch mit Fhink plante?
Nachdem die Frau sich aufmachte, um Fhink zu finden, erschien völlig unvermittelt Jaspertin. Nach seinen eigenen Aussagen war er nun schwach und für sein Ende bereit. Er berichtete, dass von Samgard in jenem Pakt nie die Rede gewesen sei. Doch Jaspertin war immer ein Lügner. Rodod, Rorstels und Tharon stellten ihn, schlugen ihn nieder, verbrannten seinen Stab und fesselten ihn. Als die Lebankirche ihn auf immerdar in ein Grab verschloss, war dies höchst befriedigend und erleichternd.

Aber es war sehr einfach. Und hörte man da nicht ein leises Lachen aus dem Grab?

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Beitrag von Tharon » 17 Sep 2005, 10:40

Die Zukunft würde zeigen, was aus Jaspertin werden würde...

In der Nordmark ging alles weiter seinen Gang, alle warteten nur auf eine Reaktion des Königshauses. Und der Skalde Tjorbald hatte noch nicht geantwortet. Ein paar Tage noch, dann würde Tharon selbst sehen, was nun los war.
An einem Abend in Bredorf traf Tharon am Lagerfeuer auf Sulva'Irn. Sie redeten über jenen Tacoma und tauschten Wissen aus. Tharon erinnerte sie an seinen Brief, der sie zum Gast und Freund der Huginner machte. Die Elfe war dankbar.
Dann sprachen sie über Ashimar und die Drachenritter. Tharon haderte mit sich. Er wußte von Ashimars Auftrag, allein nach den Schattenelfen zu suchen. Ashimar hatte ihn deswegen vor geraumer Zeit befragt und stellte auch Fragen wegen des geheimnisvollen Ungeheuers. Sulva gegenüber deutete er nun einiges an.
So kam es, dass die beiden sich auf den Weg in den Norden machten, um Ashimar zu finden -man hatte ihn lange nicht mehr gesehen. Sie kämpften sich einen Hügel hinauf, der von seltsamen Steinwesen besetzt war, als Rorstels sich der Suche anschloss. Lebende Bäume stellten sich ihnen noch in den Weg, als sie den See erreichten, an dem Tharon das letzte Mal auf Ashimar traf.
Nach einer Nacht in der Hütte am See bekämpften sie weitere Ungeheuer aus Stein, bis sie dann das einsame Kloster entdeckten, von dem Glorianna einst sprach. Spuren und Hinweise aber führten zurück nach Süden. Sie durchquerten den Tiefenwald und erreichten alsbald den Blauen Turm.
Sulva sprach wohl mit den Elfen dort, aber Feana war nicht zu sprechen. Sie glaubte, Ashimar war dort oder verhandelte gerade mit Feana, das sagte ihr Gefühl.
Plötzlich sahen sie das Ungeheuer im Wasser. Es tötete eine Schlange, und dann verschwand der Schatten wieder. Am anderen Ufer knickten einige Bäume um, aber das Wesen war nicht zu erkennen.
Sulva beschloss, hier am Turm auf Feana zu warten, während Rorstels und Tharon nach einem Abschied den Weg zurück antraten.
Da es schon wieder spät war, kehrten sie im Einsamen Wanderer ein.

Es war gut, endlich mal wieder auf Fahrt zu sein, ein kleines Abenteuer jenseits der Politik zu erleben. Doch eines war klar:
Ab Morgen zählte wieder die Nordmark. Und jene Gedanken an frühere Zeiten, die sich in einen Traum schlichen, an den Tharon sich nicht mehr erinnern konnte.
Doch es ging um das Mädchen. Ihr Name war für ihn nun wieder eine Gegenwart.

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